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Appearance

project: Appearance / 100 diptychs /
titles of the diptychs: Appearance – 1 / 2 / 3 / 4 ... 100
2 x (50cm x 50cm) / c-print / 2009 - 2015

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Ausstellungsansichten - exhibition views - publications

4 solo-shows: Museo di Roma, Galerie anikahandelt, Fotoforum Braunau, Atelier Setzer ...
magazines: catalog Rome with Jeff Wall and others, photonews Hamburg, Wiener Zeitung, ...


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 Gesamtserie_whole_series_Appearance_2013.pdf  (6.93 MB) 

APPEARANCE  ... text in english, german, italian

The  APPEARANCE series
deals with control and the loss of control, space and the loss of space, “static” versus “moving” images ... and narrative moments that can be randomly ironic, solemn, or melancholic. The series is organized in diptychs.
By combining two fundamentally different types of photography in one piece, APPEARANCE also explores the relationship between “objective” and “subjective” criteria.
 
The first photo of each image pair documents an urban space without passersby. Formally austere, square, with little spatial depth, distant, controlled, constructed around a detail provoking an image.

The second photograph shows the identical setting and the “appearance” of the first person, who happens to step into the space between the camera and the image. Like in an assassination, there is only one chance for the second photo.
The photograph is shot when the person visually touches the core of the first image or makes it completely disappear. As a result, the second photo almost escapes the photographer’s control through the unpredictability of the scene.

Narration develops; here it is undirected and left to chance, in contrast to film stills. The narrative strands can unfold in any direction and lead to surprising outcomes. Not least by means of exposing and concealing, appearance and disappearance.

The works were predominantly done in Europe, plenty of them in Italy.

 

APPEARANCE

Die Serie APPEARANCE handelt von Kontrolle und Kontrollverlust, Raum und Raumverlust, von statischen verus "bewegten" Bildern ... und erzählerischen Momenten, die zufallsgesteuert ironisch, ernst oder melancholisch sein können.

Sie ist in Diptychen organisiert.

Indem sie zwei grundverschiedene Arten von Fotografie in einer Arbeit verschränkt, untersucht sie zudem das Verhältnis von „objektiven“ und „subjektiven“  Kriterien.

Das je erste Foto ist die Dokumentaraufnahme eines urbanen Ortes ohne Passanten. Formal streng, quadratisch, kaum Tiefenraum, distanziert, kontrolliert, aufgebaut um ein bildauslösendes Detail.

Das Folgefoto zeigt bei identer Einstellung das „Erscheinen“ der ersten Person, die zufällig auf ihrem Weg in den Raum zwischen Kamera und Bild tritt. Es gibt also, wie bei einem Attentat, nur eine Chance für das zweite Bild. Fotografiert wird, wenn die Person den Kern von Bild 1 visuell berührt oder ihn gänzlich zum Verschwinden bringt. Bild 2 entzieht sich also durch das Konzept der Unvorhersehbarkeit beinahe der Kontrolle des Fotografen.

Narration entsteht, und diese ist hier, anders als bei Filmstills, ungerichtet und dem Zufall ausgeliefert. Die Erzählstränge können sich in jede Richtung entfalten und führen zu überraschenden Ergebnissen. Nicht zuletzt mit den Mitteln von Auf- und Verdeckung, Appearance und Disappearance.

Die Arbeiten sind mehrheitlich in Europa, viele davon in Italien (etliche in Rom während meines Atelier-Stipendiums 2011) entstanden. Ein Buch ist in Planung.

 

APPEARANCE

 

rappresenta una serie fotografica che tratta il tema del controllo e della perdita di controllo,
dello spazio e della perdita di spazio, e presenta momenti narrativi che, determinati dall’intervento del caso, presentano di volta in volta tratti ironici, malinconici o solenni.
La serie si presenta come un insieme di dittici.

Combinando due generi fotografici fondamentalmente diversi il lavoro evidenzia il rapporto tra criteri “soggettivi” e “oggettivi”.

La prima fotografia di ciascun dittico documenta una situazione urbana senza passanti.
Di forma quadrata, austera, distante e priva di profondità,
la composizione è costruita intorno a un particolare che ha attratto l’attenzione del fotografo.

L’immagine successiva ritrae lo stesso setting ma è stata scattata nell’attimo in cui la prima persona o animale è apparso sulla scena, entrando casualmente nel campo della fotografia.  Il fotografo ha avuto, dunque, un’unica chance per scattare questa seconda immagine, un gesto paragonabile alla coazione all’agire propria dell’assassino al momento del delitto.
Lo scatto della seconda fotografia coincide, dunque, con l’istante in cui il passante sfiora o dissimula visivamente il baricentro dell’immagine n°1. Grazie all’elemento dell’imprevedibilità l’immagine n°2 si sottrae, dunque, quasi completamente al controllo del fotografo.

Ne deriva, così, una narrazione che, a differenza di un fermo immagine, è determinata esclusivamente dal caso. L'andamento narrativo può svilupparsi, così, in ogni direzione e portare a risultati sorprendenti, attraverso l’apparire e lo scomparire, appearance e disappearance.

La maggior parte delle opere è stata creata in Europa, buona parte in Italia.

 

 

DIS_APPEARANCE
Text: Herbert Justnik

zur Serie: APPEARANCE

 

Seit mehr als 170 Jahren gehört die Fotografie nun schon zu unseren täglichen Lebensvollzügen. Sie ist so selbstverständlich geworden, dass wir normalerweise kaum einen Gedanken mehr daran verschwenden, wie sehr sie unsere Weltwahrnehmung prägt, geschweige denn wie paradox sie sich zu unseren alltäglichen Wahrnehmungen verhält. Normalerweise bemerken wir nicht, dass wir wahrnehmen, wir nehmen den Fluss des Lebens und das Vergehen der Zeit als gegeben hin. Das Auftauchen und das Verschwinden sind alltägliche Phänomene, die uns ständig begleiten, die wir aber nicht als besondere registrieren. Die Fotografie allerdings führt in diesem Verhältnis einen Bruch herbei. Sie stellt zeitlich gebundene Verhältnisse still und erlaubt uns, flüchtige Momente ausführlich zu betrachten.

 

Horst Steins Arbeit Appearance spielt mit dieser wesentlichen Eigenschaft der Fotografie, der Möglichkeit, den Augenblick festzuhalten.

Auf ausgedehnten Spaziergängen ließ er sich durch europäische Städte treiben, geduldig wartend, bis etwas seine Aufmerksamkeit erregte um eine formal sehr strenge, konzeptuelle fotografische Situation zu erzeugen. Hat einmal ein Objekt, ein winziges Detail des Stadtraums, seine Aufmerksamkeit erregt, dann platziert er seine Kamera in einer Distanz zu diesem, die es ermöglicht, dass zwischen der Kamera und dem Punkt seiner Aufmerksamkeit - das kann ein Loch in einer Hauswand sein, ein Schnitt in einer Folie, die eine Baustelle absperrt, der Leerraum zwischen zwei Blumenkübeln - Personen vorbeigehen können. Die erste Fotografie die er macht, ist das menschenleere ungestörte Dasein dieser Situation. Danach wird gewartet. Gewartet, bis die erste Person, die in den Bildraum kommt, den Punkt der Aufmerksamkeit verdeckt. Genau in diesem Moment wird ausgelöst. Dieser Moment des Auslösens erfährt allerdings eine Einschränkung. Wie der Attentäter, der nur eine Möglichkeit zum Schuss hat, gibt es auch bei Horst Stein keine zweite Chance mehr. Löst er im falschen Moment aus, ist die Person zum Beispiel schon am Loch in der Mauer vorbeigegangen, dann kann das Foto nicht wiederholt werden, die Möglichkeit ist vorbei.

 

Konstitutiv für dieses konzeptuelle Setting sind zwei Eigenschaften: Geduld und Disziplin. Es gibt keine Definition, wie die Situationen aussehen müssen, die Horst Stein auswählt, es ist ein Moment unwillkürlicher Aufmerksamkeit, der ihn veranlasst, eine Situation zu wählen - mit einer Einschränkung: es muss ein möglichst flacher Bildraum sein, damit die Situation für die BetrachterIn im Nachvollzug der Bilder funktioniert. Welches Detail auf der Straße, einer Hauswand oder sonst irgendwo im Stadtraum das bildauslösende Moment wird, ist aber nicht bestimmt. Diese Bedingung kann stundenlange Spaziergänge zur Folge haben. Schon hier ist die Geduld und Disziplin des Fotografen gefordert. Dazu kommt dann noch die Einschränkung, dass er nur eine Chance hat, sein Foto zu machen. Misslingt dies, kann es sein, dass ein ganzer Tag des Gehens und Wartens umsonst war. Zwei Bedingungen, die bei der Betrachtung der Bilder ein leicht prekäres Gefühl auslösen, weil die konzeptuelle Enge des Settings keine Abweichungen zulässt. Man fühlt sich ungewollt einer Spannung ausgesetzt, die im Hintergrund dieser Bilder immer mitschwebt, weil das Gelingen dieser Anstrengung immer am seidenen Faden eines winzigen Augenblickes hängt. Gleichzeitig kommt hier noch ein Moment des Kontrollverlustes herein. Horst Stein und wir als BetrachterInnen sind der Strenge des Konzepts völlig ausgeliefert. Das was wir sehen, lässt sich nicht als bewusste Komposition bezeichnen, es ist vom Zufall abhängig. Wann jemand vorbeikommt, wie lange der Fotograf warten muss, bis er auslösen kann, wer vorbeikommt, und wie, und vor allem wo er den bildauslösenden Punkt passiert, entzieht sich jeglicher Kontrolle. Dieser Verlust der Kontrolle führt auch dazu, dass in den Bildern unkontrollierbare Narrationen aufblitzen, die diese Arbeiten auf unterschiedlichsten Ebenen lesbar machen.

 

Die Ergebnisse dieser konzeptuell gesteuerten fotografischen Akte präsentiert Horst Stein als Diptychon. Links die ungestörte Situation, rechts mit der Person, die den Punkt der Aufmerksamkeit verdeckt. Als BetrachterIn ist man beim Ansehen dieser Bilder in einer anderen Situation als der Fotograf. Wir haben das Vorher und Nachher zeitgleich nebeneinander, können zwischen den beiden Bildern hin und her springen und so den fotografischen Akt von Horst Stein nachvollziehen. Erst mit der Person im zweiten, rechten Bild wird das bildauslösende Phänomen im Ersten erkennbar. Hier entsteht eine Differenz zwischen der Wahrnehmung des Fotografen und der Wahrnehmung der BetrachterInnen. Während Horst Stein auf die PassantInnen wartet, hat er den Raum außerhalb des Bildes, aus dem diese sich zwischen die Kamera und den bildauslösenden Punkt bewegen, im Blick. Dieser Außenraum wird für die BetrachterInnen im Gegensatz dazu erst im zweiten Bild relevant, obwohl das der Raum ist, auf den der Fotograf seine Aufmerksamkeit lenkt, während noch der ungestörte Raum, den wir im ersten Bild sehen, vor der Kamera liegt. Im zweiten Bild, in dem wir als BetrachterInnen erst der Relevanz des Raums außerhalb des Bildes gewahr werden, hat Horst Stein seine Aufmerksamkeit nur mehr im dargestellten Raum. Hier wird auch der geringe Tiefenraum, den er für seine Aufnahmen wählt, relevant. Erst über diese geringe Raumtiefe werden wir zurückgeworfen auf den Raum davor - den Raum außerhalb des dargestellten Bildraumes während des fotografischen Aktes, aber auch den Raum vor der konkreten Fotografie die wir betrachten. Deutlicher als in anderen Bildern werden wir hier des Phänomens gewahr, dass wir an der Stelle des Fotografen stehen. Dieses immer gleiche tiefenräumliche Setting in allen Bildern erzeugt einerseits eine größere Geschlossenheit der Serie, gleichzeitig wird die Konzentration auf das konzeptuelle Moment stärker und damit auch der Fokus auf den Punkt der Aufmerksamkeit, der hier als Irritationsmoment dient. Bei der Betrachtung von Appearance werden wir auch gewahr, dass das Auftauchen und Verschwinden in den Bildern gedoppelt ist. Es ist nicht nur das Auftauchen und Verschwinden einer vorbeihuschenden PassantIn, es ist auch die Gleichzeitigkeit des Auftauchens der Person und das damit einhergehende Verschwinden des bildauslösenden Punktes.

 

Im Gegensatz zu Bildern, deren repräsentative Gegenstände klar definiert sind, bei denen die Aufmerksamkeit eben dem Gegenstand gilt, wo dann die Wahrnehmung der Details sekundär passiert, stehen in Appearance die Details viel stärker im Vordergrund. Einerseits ist auf den Bildern nicht viel abgebildet, sie zwingen schon dadurch zu einer anderen Art des Schauens. Andererseits schärft die Suche nach dem bildauslösenden Punkt eben auch den Blick für die Details. Man betrachtet hier unspektakuläre Stadtfragmente sehr viel genauer, als man das sonst tun würde. Kaum jemand würde derartigen Orten sonst Aufmerksamkeit schenken, obwohl sie wahrscheinlich einen Großteil dessen ausmachen, woran unser Auge, ohne aufzumerken, tagtäglich vorbeisieht. Die Bilder werden so auch zu mikroskopischen Stadtporträts. Allerdings verrät uns der Fotograf nicht aus welchen Städten. Dass sie größtenteils nicht in Wien aufgenommen sind, lässt sich trotzdem erkennen und löst ein lustvolles Raten aus, um welche Stadt es sich denn handeln könnte. So wird man gewahr, dass Städte nicht nur über ihre signifikanten touristischen Landmarks spezifisch werden, sondern auch über die Details der Stadtraumgestaltung.

 

Eine Sensation wird landläufig als ein auffälliges, Aufsehen erregendes oder außergewöhnliches Ereignis beschrieben, das erst durch das Aufscheinen in verschiedenen Medien zur allgemeinen Sensation wird. Entgegen diesen Medienbildern, die eine permanente Erwartungshaltung nach lauten Bildaussagen erzeugen, unterlaufen die Bilder von Horst Stein diesen latenten Aufruhr in der Bilderwelt. Das Bemerken des Unbemerkten kommt auch bei den vorbeieilenden Personen zum Tragen. In diesen Bildern wird das Passieren der PassantInnen stillgestellt. Wir sehen hier Momente, denen wir sonst keine Aufmerksamkeit schenken, die wir auch aufgrund ihrer Geschwindigkeit und ihres Eingebundenseins in den Fluss der Zeit und Bewegung nicht wahrnehmen; eine Form von Aufmerksamkeit, die nur über die Fotografie möglich ist. Die dadurch entstehenden, zum Teil grotesk wirkenden Verlaufsmomente werfen uns damit darauf zurück, dass eben das Verstreichen der Zeit nicht aufhaltbar ist. Wir werfen diese Momente, die an uns vorbeiziehen ständig weg. Dies erscheint durchaus sinnvoll, sonst wären wir permanent mit dem Verarbeiten der gespeicherten Momente beschäftigt, mit dem Versuch der Spekulation, was denn diese Momente bedeuten, was sie für Geschichten beinhalten. Hier stellt sich die Frage, wie sich denn die Momente bestimmen, bei denen wir aufmerken? Wie ließe sich denn aus den Bildern von Appearance der Moment definieren, an dem Horst Stein sich entscheidet, einen Trigger zu setzen? Was bedeutet es, einen bedeutungslosen Fleck wahrzunehmen und ihm Signifikanz zu geben? Was bestimmt die Differenz zwischen Bedeutungslosigkeit und Bedeutsamkeit?

 

 

 

 

 

 


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